Warum verwenden wir für unsere Produkte so gerne Baumwolle? Wir geben dir einen Einblick in unseren Produkt-Entwicklungsprozess!
In unserem letzten Blogpost lag der Fokus darauf, wie du nachhaltige Produkte und nachhaltig wirtschaftende Unternehmen von bloßem Greenwashing unterscheiden kannst. Heute steigen wir etwas tiefer in die Produktebene ein: Wir geben dir einen Einblick in unseren Design- und Entwicklungsprozess. Insbesondere zeigen wir dir, welche Auswirkungen unser Anspruch an Nachhaltigkeit in Verbindung mit höchsten Produktanforderungen auf die Materialauswahl hat.
Nachhaltigkeit beginnt beim Produktdesign. Welche Auswirkungen haben die Produktspezifikationen auf die Materialauswahl und alle nachfolgenden Prozesse.
- Nachhaltigkeit beginnt bei der Produktentwicklung
- Baumwolle: Historie und Eigenschaften
- Was unterscheidet Bio-Baumwolle von konventionellem Anbau?
- Baumwolle in unseren Produkten
- Ausblick: was du für unsere kommenden Produkte erwarten darfst
Nachhaltigkeit beginnt bei der Produktentwicklung
Der Grundstein für nachhaltige, funktionale Produkte wird bereits ganz zu Beginn des Produktdesigns gelegt. Die Abstimmung und Optimierung von Produktanforderungen vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit ist der erste Schritt bei der Entwicklung eines neuen Produkts. Für uns zeichnet sich ein nachhaltiges Produkt dadurch aus, dass Ressourcenverbrauch sowie schädliche Einflüsse auf die Umwelt am Ende des Produktlebenszyklus minimiert werden. Wir optimieren dabei stetig unsere Designkonzepte und suchen nach geeigneten Fasern und Materialien. Unser Anspruch ist es immer, sich von bestehenden Konzepten und Produkten zu lösen und neue Ideen und Gedanken zu entwickeln und zu realisieren.
Da unsere Produkte die Verbindung zwischen Reiter und Pferd herstellen, ist es für uns selbstverständlich, dass sie eine optimale Passform besitzen müssen. Des Weiteren möchten wir durch eine intelligente Materialauswahl, Tragekomfort, Verträglichkeit und Beständigkeit gewährleisten, um einer Verschwendung von Ressourcen vorzubeugen.
Baumwolle: Historie und Eigenschaften
Die Materialauswahl ist bei unseren Produkten von zwei zentralen Faktoren geprägt: zum einen sind das die hohen funktionalen Anforderungen an Reitsportartikel (Beständigkeit, Atmungsaktivität, Tragekomfort, Verträglichkeit, etc.), zum anderen wollen wir ausschließlich nachhaltige Materialien verwenden. Nach ausgiebigen Recherchen und Materialtests haben wir uns aufgrund ihrer herausragenden Eigenschaften für das Material Baumwolle als wesentlichen Bestandteil unserer Produkte entschieden.
Baumwolle ist nicht nur atmungsaktiv, reißfest, feuchtigkeitsabsorbierend und sehr angenehm auf der Haut zu tragen. Sie wird mittlerweile in vielen Ländern biologisch angebaut und hat somit einen sehr guten ökologischen Footprint. Baumwolle ist eine Kulturpflanze. Man geht heute davon aus, dass sie zeitgleich und womöglich unabhängig voneinander in Südamerika und Indien kultiviert wurde. Trotz dieses geographischen Unterschieds wird Baumwolle auf die gleiche Art und Weise verarbeitet, gesponnen und gewoben. Die ältesten Funde von Stoffresten lassen sich etwa auf das dritte Jahrtausend vor Christi Geburt datieren. Wahrscheinlich hat man schon damals die tollen Eigenschaften der Baumwollfaser sehr geschätzt. Leider ist der konventionelle Anbau von Baumwolle sehr umweltbelastend: für kein anderes landwirtschaftliches Anbauprodukt werden so viele Pflanzengifte eingesetzt wie für Baumwolle. Darüber hinaus braucht die Pflanze auch sehr viel Wasser, weshalb riesige Mengen an wertvollem Süßwasser für die Bewässerung von Baumwolle eingesetzt werden. Diese Belastung macht sich vor allem in Entwicklungsländern bemerkbar, in denen ca. 75% der weltweiten Baumwollernte produziert werden.
Was unterscheidet Bio-Baumwolle von konventionellem Anbau?
Wir sprechen von Bio-Baumwolle, wenn die Baumwolle entsprechend der Standards der ökologischen Landwirtschaft produziert wird und auch zertifiziert ist. Im Moment wird nur ein kleiner Teil der weltweit benötigten Baumwolle nach biologischen Grundsätzen angebaut. Die Nachfrage nach Bio-Baumwolle steigt jedoch von Jahr zu Jahr. Mittlerweile wird Bio-Baumwolle in 19 Ländern von über 200.000 Landwirten auf 420.000 Hektar Land angebaut. Fast 60.000 Hektar Land befinden sich derzeit in der Umstellung auf biologischen Anbau. Obwohl diese Fläche nur etwa einem Viertel der Größe des Saarlands entspricht, ist dies ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Von diesen 200.000 Erzeugern sind 48% nach OCS und 35% nach GOTS zertifiziert.
Der Anbau und Handel mit Baumwolle sind ein hartes Geschäft. Drei Viertel der weltweit genutzten Baumwolle werden in Entwicklungsländern produziert. Die meisten Erzeuger sind Kleinbauern oder Tagelöhner auf den Feldern der Großgrundbesitzer. Weil wir von den Eigenschaften der Baumwolle aber sehr überzeugt sind, war für uns klar, dass wir nur Baumwolle verwenden können, die unter nachhaltig biologischen und fairen Bedingungen entstanden ist. Wir verwenden deshalb nur Baumwolle die nach GOTS Richtlinien zertifiziert ist. Die sozioökonomischen Rahmenbedingungen des Anbaus sind ebenso Teil dieses Siegels. Um das Siegel zu erhalten, müssen Baumwollproduzenten mindestens die Standards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) einhalten. Soziale und wirtschaftliche Vorteile sind aber oft nicht leicht messbar. Fakt ist aber, dass unsere Erzeugergemeinschaften beispielsweise die Partizipation von Frauen unterstützen, durch ein höheres und gesichertes Einkommen ihren Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen können, andere Nutzpflanzen für den Eigenverbrauch oder als zweites wirtschaftliches Standbein kultivieren, und schon im ersten Schritt der Wertschöpfungskette eine aktive Kreislaufwirtschaft durch die Sammlung von Regenwasser und die Nutzung von Kompost betreiben.
Bei aboutorganiccotton findest du anschauliche Grafiken und Beschreibungen, die den Prozess der Baumwollpflanze bis hin zum fertigen Kleidungsstück sehr schön darstellen.
Baumwolle in unseren Produkten
Einer der letzten Arbeitsschritte bei der Verarbeitung der Baumwollpflanze, ist die Bindung von einzelnen Faser zu einem durchgängigen Stoff. Die Art der Faserbindung beeinflusst die Eigenschaften des Stoffes - wie beispielsweise Reißfestigkeit oder Atmungsaktivität. Das wirkt sich wiederum auf die Nachhaltigkeit unserer Produkte aus. Denn nur wenn sie auch lange halten und dauerhaft hoher Belastung standhalten, können sie unseren selbst auferlegten Anspruch an mehr Nachhaltig in der Textilindustrie erfüllen. Da bei equimus neben Langlebigkeit natürlich auch Funktionalität und Haptik eine große Rolle spielen, haben wir haben wir verschiedene Webarten getestet und lange nach einer optimalen Bindung gesucht. Dabei mussten wir feststellen, dass es nicht die eine perfekte Bindung gibt. Je nach Einsatzzweck eignen sich verschiedene Webarten. Benötigt man beispielsweise möglichst robuste und langlebige Stoffe, greift man häufig zum Twill (auch Köper oder Köperbindung genannt). Die bekanntesten Stoffe, die in Köperbindung hergestellt werden, sind der klassische Jeansstoff oder Gabardine, das schon vor über hundert Jahren für die Herstellung von Trenchcoats genutzt wurde.
Wir nutzen auf der Außenseite unserer Schabracken Twill, da hier im Kontakt mit dem Sattel große Kräfte wirken und viel Reibung stattfindet. So können wir an diesem Kontaktpunkt Langlebigkeit gewährleisten. Auf der Innenseite der Schabracke ist der Einsatz von Twill suboptimal, da Twill tendenziell wenig atmungsaktiv ist und so im unmittelbaren Kontakt mit dem Fell deines Pferdes den Schweiß nicht richtig abtransportieren und reiben würde. Deshalb haben wir für diese Anwendung Popeline ausgewählt. Bei Popeline handelt es sich um ein feingeripptes, leinwandbindiges Gewebe. Es wird häufig für Hemden, Kleider oder Blusen genutzt, da es aufgrund seiner feinen und dichten Webung ein sehr angenehmes Tragegefühl erzeugt und Schweiß gut abtransportiert. Auch hier haben wir mit der Wahl der richtigen Stoffdicke darauf geachtet, dass sich die Schabracke nicht unnötig schnell abnutzt und gleichzeitig ein optimaler Tragekomfort gewährleistet werden kann. Natürlich ist der Popeline Stoff auf der Innenseite ungefärbt, um auch hier optimale Verträglichkeit sicherzustellen.
Bei unseren Abschwitzdecken und Bandagen differenzieren sich die Produktanforderungen etwas. Hier steht insbesondere der wärmende, atmungsaktive Effekt des Materials im Vordergrund. Bei den Bandagen war es uns besonders wichtig, dass wir ein Gewebe verwenden, das die Beine deines Pferdes wärmt, aber trotzdem kein Hitzestau entsteht. Dabei darf auf keinen Fall die Bewegung des Pferdes eingeschränkt werden, weshalb wir hier ein sehr dehnbares Gewebe benötigen. Wir haben uns für ein Mischgewebe aus 85% Bio-Baumwolle und 15% Polyester aus recycelten PET Flaschen entschieden, da alleine mit Baumwolle die geforderten Eigenschaften nicht erreicht werden können. Der Kunstfaseranteil verbessert den Feuchtigkeitstransport, die Dehnbarkeit und die Beständigkeit unserer Produkte. Das dabei verwendete Gewebe wird als Brushed American Fleece bezeichnet. In einem der letzten Verarbeitungsschritte wird die Innenseite des Stoffes aufgeraut, wodurch eine tolle weiche, wärmende Oberfläche entsteht. Das Gewebe bleibt aber dennoch atmungsaktiv. Somit kann der Schweiß gut nach außen abtransportiert werden.
Ausblick: was du für unsere kommenden Produkte erwarten darfst
Bei der Suche nach neuen Materialien für unsere zukünftigen Produkte, bilden wir uns umfänglich fort, um auch hier unseren strengen Prinzipien treu bleiben zu können. Wir hinterfragen vorhandene Standards sowie Best-Practice Methoden und wollen so einen wertvollen Beitrag zum nachhaltigen Wirtschaften in der Textilindustrie, vor allem aber auch im Reitsport leisten.
Unser Ziel ist es, entlang der gesamten Wertschöpfungskette, vom Anbau bis zum letzten Verarbeitungsschritt entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.
Die Nutzung von Fasern aus Kulturpflanzen wie Leinen, Hanf oder Nesseln ist eine tolle Möglichkeit, um den ökologischen Fußabdruck unserer Produkte zu verbessern. Für unsere wärmeren Decken der kommenden Winterkollektion testen wir beispielsweise gerade Fasergemische aus Hanf und Bio-Baumwolle. Die technische Aufbereitung der Hanffasern erfordert etwas technisches Know-How, doch am Ende des Produktionsprozesses erhält man tolle Fasern, die insbesondere in Verbindung mit Baumwolle super Eigenschaften besitzen. Hanf ist dazu noch super vielseitig nutzbar, da die gesamte Pflanze kann verwertet werden kann: angefangen bei der Nutzung der Fasern bis hin zu Hanfsamen, die sehr schmackhaft und gesund sind. Und sogar die holzigen Teile der Hanfpflanze, die sich Schäben nennen, können als Tiereinstreu oder zur Herstellung von Isolierungen verwendet werden.
Für unsere erste Reiterkollektion legen wir den Fokus auf Funktionsmaterialien. Hier testen wir aktuell Fasergemische aus Baumwolle, Wolle oder auch Lyocell. Lyocell ist ein besonders innovatives Material, ein Regeneratfaser, der aus Zellulose gewonnen wird. Quasi ein Kunstfaser aus natürlichen Rohstoffen. Da Lyocell aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt, hat das Material nicht nur eine beeindruckende Ökobilanz vorzuweisen, es besticht auch mit seinen Eigenschaften. Lyocell fühlt sich seidig weich an, ist abriebarm, wärmt, wenn es kalt ist und kühlt, wenn es warm ist. Darüber hinaus ist es vor allem in Kombination mit Wolle sehr hygienisch, atmungsaktiv und antibakteriell.
Wir wollen an dieser Stelle noch nicht zu viel verraten aber ihr dürft gespannt sein. Wir sind jedenfalls begeistert und freuen uns schon, wenn wir euch mehr zeigen können.
Bei equimus wollen wir den Beweis erbringen, dass es möglich ist, Reitsportartikel zu entwickeln, die in Europa unter fairen Bedingungen produziert werden und am Ende des Lebenszyklus nichts schädliches zurücklassen.
Falls du Feedback oder Verbesserungsvorschläge für unsere Produkte oder die Gestaltung unserer Wertschöpfungskette hast, würden wir uns freuen, wenn du uns eine Nachricht schreibst. Wir sind der Meinung, dass nur im Rahmen eines engen Austauschs eine stetige Verbesserung möglich ist.
So klein ein Schritt auch sein mag, so ist ein Schritt zu mehr Nachhaltigkeit immer ein Schritt in die richtige Richtung.